Freitag, 27. Januar 2017

Kampf gegen “Fake News”


Sehr geehrter Herr Minister,

in der Tagesschau erfuhr ich von Ihrer beherzten Initiative, der Wahrheit zum Sieg zu verhelfen. Gerade in Zeiten, in denen es nicht wenige gibt, die die Existenz von Wahrheit leugnen und behaupten, alles sei vielmehr nur in Relation zueinander zu bewerten - gerade in diesen Zeiten ist Ihre Initiative gar nicht hoch genug zu bewerten.

Nun bin ich allerdings beim Gang durch die Buchhandlung verunsichert worden, und ich brauche Ihren Rat. In den Auslagen der Buchhandlung fiel mein Blick auf ein Werk mit dem Titel “Die Tagebücher von Adam und Eva”. Der Autor, ein gewisser “Mark Twain” (schon der Name erscheint wie ein fake, denn wer heißt ernsthaft schon so?) gibt vor, die Tagebücher entdeckt und entziffert zu haben.

Bei der Überprüfung im historischen Archiv stellte sich sehr schnell heraus, dass “Tagebücher” eines Adam oder einer Eva in der Forschung völlig unbekannt sind. Die Forschung in dieser Frage ist zudem abgeschlossen, ihr Ergebnis eindeutig: Es gibt solche Tagebücher nicht.  Das Werk ist somit als Fälschung, als Fake, entlarvt! Da der Autor laut eigener Vorbemerkung jedoch beabsichtigt, die Nachrichten aus den “Tagebüchern” der Öffentlichkeit bekanntzumachen, liegt hier meines Erachtens ein klarer Fall von fake news vor!  

Und da nun beginnt mein Problem. Einerseits würde ich das Buch gerne erwerben (denn es scheint mir recht kurzweilig geschrieben, wohl auch geistreich). Andererseits ist da die bange Frage: Wäre das noch legal? Denn ich neige gelegentlich dazu, Literatur, die mir gefallen hat, im Netz kurz zu umreißen und an Freunde weiterzuempfehlen. Im vorliegenden Fall wäre das dann ja wohl “Verbreitung von Fake News im Netz”.

Ich bitte Sie daher dringend um Rat, wie ich mich im Konflikt zwischen Buchwunsch und Gesetzteslage in diesem ganz konkreten Fall verhalten soll. Seien Sie versichert, dass ich die verbleibende Zeit meines irdischen Daseins gerne in Freiheit verbringen möchte. Daher wird für mich im Entscheidungsfall der Wunsch nach Gesetzestreue selbstverständlich die Oberhand über den Lesewunsch behalten.

Nur hoffe ich insgeheim natürlich, dass Sie mir doch noch einen befreienden Hinweis geben können, wie ich einerseits das Buch erwerben, seinen Inhalt verbreiten und zugleich den Verstoß gegen das fake news Gesetz vermeiden kann.

Mit freundlichen Grüßen und vorzüglicher Hochachtung 

ars imaginationis 

PS: Beim Gang durch die Buchhandlung stieß ich auf weitere haarsträubende Verstöße gegen das geplante Gesetz. Da fielen mir z. B. Veröffentlichungen eines Engländers (“Shakespeare” - schon sein seltsamer Name klingt  recht dubios) in die Hände, die vor Unwahrheiten, ja Lügen, nur so strotzen. Würde man seine Werke auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen, gingen einem vor Entsetzen wohl die Augen über. Und auch unseren Dichterfürsten fand ich in den Regalen der Buchhandlung. Beim Blättern in einem dickleibigen Werk aus seiner Feder fand ich mich unversehens vom Teufel und selbst von Engeln umstellt. Recht grotesk und weit hergeholt fand ich das.
Nun, die wenigen Beispiele mögen genügen. Das Beängstigende daran: All diese Lügengebilde und Phantastereien werden schamlos auch im Netz verbreitet!

Räumen Sie also gründlich auf in den Köpfen und Regalen aller, die schon länger hier leben! Es bleibt wahrlich viel zu tun!
Alle, die es gut meinen, werden Sie nach Kräften unterstützen!



5 Kommentare:

  1. Empfehlung an Buchhandlung: "Die Tagebücher von Adam und Eva" mit knallrotem FakeNews-Label versehen!

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  2. Ein spontaner Impuls ließ mich an die Eule von Detmold als Adressaten denke. An dessen Zuständigkeit kamen mir dann doch Zweifel.

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  3. "Alle, die es gut meinen, werden Sie nach Kräften unterstützen!"

    Ja, wer ist es denn?

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